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  • AutorenbildMichael Wälti

Gestik für Public Speaking: Wie wir mit unseren Handinnenflächen Allianzen schmieden.

Aktualisiert: 25. Apr. 2023

Im Bundesrats-Ranking vom August 2022 schnitt Ueli Maurer zwar mit dem drittletzten Platz nicht gut ab, aber in diesem Foto macht er etwas richtig. Er zeigt die Innenseiten der Arme. So demonstriert Zusammengehörigkeit. Wieso das funktioniert, erfahrt ihr in diesem Blog.



Laut Frans de Waal, ein weltbekannter Primatologe und Autor von "Der Affe in uns", ist das eine universelle Geste bei Menschen und Affen. Bei uns Menschen signalisiert sie Freigiebigkeit, Hilfsbereitschaft und Warmherzigkeit. Wir geben wertvolle Dinge, in dem wir sie auf der Handfläche nach oben platziert unserem Gegenüber überreichen, wenn wir helfen, zeigen wir instinktiv die Innenseiten der Arme und bevor wir eine Person umarmen, breiten wir die Innenseiten der Arme aus. Dies sind nur einige Beispiele von der positiven Wirkung dieser Geste.


Deshalb vermittle ich fast all meinen Kund:innen, dass sie lernen sollen, diese Geste bewusst einzusetzen. Sie treten damit in die Schuhstapfen von beliebten Politiker:innen wie Bill Clinton, Ronald Reagan und andere.


 

Gestures of the Open Hand Prone or “palm down” family are used in contexts where something is being denied, negated, interrupted or stopped, whether explicitly or by implication. Open hand Supine (or “palm up”) family gestures, on the other hand, are used in contexts where the speaker is offering, giving or showing something or requesting the reception of something. It also includes gestures in which, very often, both hands, sustained in the Open Hand Supine pose, are moved away from one another, as if being withdrawn from the space immediately in front of the speaker. The semantic theme of these gestures is that of the withdrawal of action or of non-intervention.

 

Dies schreibt Adam Kendon von der University of Pennsylvania in "Gesture: Visible Action as Utterance"


Wenn wir die Arme abtasten, fühlen wir, dass die Innenseiten weich sind und wir sehen Blutgefässe, die dicht an der Hautoberfläche sind, während sich die Aussenseiten hart anfühlen und dort die Blutgefässe weniger sichtbar sind. Offensichtlich sind deshalb die Innenseiten weder zum Kämpfen noch zum Schützen geeignet. Deshalb wirken öffnende Gesten mit sichtbaren Innenseiten vertrauenserweckend, während die Aussenseiten eher abwehrend wirken (denkt mal an die Gestik von toughen Gangster-Rappers).


Simonetta Sommaruga landete im Ranking auf dem zweitletzten Platz. Ist sie zu Gangster?



 

The supinated (palm-up) hand originates as a component of the larger protective-crouch posture. As such, it suggests harmlessness instead of aggression, like the pronated (palm-down) hand suggests as a component of the larger push-up to a high-stand posture. These basic postures and their parts, which are wired into the vertebrate neuromuscular system, are tell-tale signs of how a chimp–or human–feels: e.g., submissive-harmless or dominant-aggressive.

 

Dies finden wir im "Nonverbal Dictionary" von Prof. David Givens dazu. Drehen wir also unsere Pulsadern nach vorne, wir das als anti-aggressiv gewertet. Ganz im Sinn von "ich bin unschuldig", "Ich bin nicht an einem Statuskampf interessiert" oder "Bitte, verschone mich". Drehen wir die Handflächen nach unten, markieren wir hingegen Dominanz. Als wir noch Affen waren, konnten wir uns so in den Boden stützen und dadurch unseren Kopf nach oben strecken, argumentiert David Givens.


Berset war auf dem ersten Platz. Hier zeigt er Dominanz mit "palms-down".


Generell haben wir mehr Kontrolle über unsere Armbewegungen als über Stimme und Gesichtsausdruck. Das sehe ich immer wieder bei meinen Coachees. Für mich ist auch offensichtlich, das Arm Bewegung und das gesprochene Wort zusammengehören. Fixiert man willentlich die Arme, fällt das Sprechen schwerer. Diese Sicht wird von Dr. Amy Pollick geteilt:


 

The great apes just don’t regularly use facial expressions and vocalizations divorced from highly emotional situations, the way they do with manual gestures, because they use gestures calmly, intentionally and flexibly.

 

David McNeill von der University of Chicago meint im Buch "Language and Gesture" dazu: Pantomine couldn’t have evolved into the synchronized speech and gestures that we see today. Er glaubt, dass sich Sprache und Gestik parallel entwickelten und die Botschaft bei Sprecher:in und Zuhörer:in verstärkten.


Das letzte Wort gebe ich an Quintilian, der römische Rhetoriker der Antike, der einige Gestik der Sprecher:innen von damals katalogisiert hat:



 

Was die Hände betrifft, ohne die jede Handlung verkrüppelt und geschwächt wäre, so ist es kaum möglich, die Vielfalt ihrer Bewegungen zu beschreiben, da sie fast so ausdrucksstark sind wie Worte. Andere Teile des Körpers können dem Sprecher helfen, während man fast sagen kann, dass die Hände sprechen. Verwenden wir sie nicht, um zu fordern, zu versprechen, aufzufordern, abzuweisen, zu bedrohen, zu flehen, Abneigung oder Angst auszudrücken, zu hinterfragen oder zu leugnen? Verwenden wir sie nicht, um Freude, Trauer, Zögern, Beichte, Reue, Mass, Menge, Zahl und Zeit anzuzeigen? Haben sie nicht die Macht aufzuregen und zu verbieten, Zustimmung, Verwunderung oder Scham auszudrücken? Ersetzen sie nicht Adverbien und Pronomen, wenn wir auf Orte und Dinge zeigen? Tatsächlich teilen die Völker und Nationen der Erde, obwohl sie eine Vielzahl von Sprachen sprechen, die universelle Sprache der Hände.

 

Wann immer wir sprechen also, lasst uns unsere Arme mitsprechen.



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Quellen und weiterführende Literatur:


  • De Waal, Frans. Der Affe in uns. München: DTV, 2017.

  • Frey, Siegfried. Die Macht des Bildes. Bern: Huber, 1999.

  • Givens, David et al. The Routledge Dictionary of Nonverbal Communication. New York: Routledge, 2021.

  • Kendon, Adam. Gesture: Visible Action as Utterance. Cambridge: Cambridge University Press, 2012.

  • Matsumoto, David, et al. APA Handbook of Nonverbal Communication. Washington: American Psychological Association, 2016

  • McNeill, David, editor. Language and Gesture. Cambridge: Cambridge University Press, 2009.

  • Tierney, John. "A World of Eloquence in an Upturned Palm". The New York Times [New York]. 28. August 2007.

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