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  • AutorenbildMichael Wälti

Körpersprache: Was bedeuten verschränkte Arme?

Ich war ein Fernsehkind. Stundenlang sass ich vor der Glotze und rotierte meine Körperposition im Uhrzeigersinn wie ein Brathähnchen auf dem Markt. Mein Mutter frug jeweils: "Hast du nicht schon viereckige Augen?".


Zusätzlich bin ich mit einem Gedächtnis gesegnet, welches "unwichtig" von "wichtig" nicht immer zu trennen weiss. Somit ist mein Gedächtnis mit den Fernsehserien der 90er Jahren angereichert. Deshalb denke ich bei verschränkten Armen immer an Clark Kent.


Die Serie hiess "Superman: Die Abenteuer von Lois & Clark.".


Ich glaube, der Schauspieler hatte vom Regisseur folgende Anweisung erhalten: "Steh möglichst oft mit verschränkten Armen da und drücke deinen Bizeps hervor, um möglichst stark auszusehen." Das tat er gefühlt in jeder dritten Szene, vor allem dann, wenn er gegenüber Lois stark wirken sollte oder die Bösewichte einschüchtern. Das sah so aus.


Wird er Lois retten?

Nun wirkte das auf mich (und auf meine damaligen Fernsehkumpane) so unglaubwürdig, dass wir das als Witz jeweils nachäfften. Inkongruenz: Körpersprache, inneres Gefühl und verbale Sprache stimmen nicht miteinander überein.



Zugänglich sein



Stell dir folgendes vor: Du bist an einem Networking-Anlass in einem grossen Raum voller Leute. Du kennst noch niemanden dort. Alle Personen stehen. Die Hälfte von den Leuten hat die Arme vor der Brust verschränkt. Die restlichen Personen halten mit der einen Hand ein Glas Wasser auf Bauchnabelhöhe, während die andere Hand entspannt in der Hosentasche ruht. Der Oberkörper ist unverdeckt bei diesen Personen.


Welche Leute würdest du lieber ansprechen? Die mit verschränkten Armen oder die mit dem Wasserglas?


Taste mal kurz die Aussenseiten deiner Arme ab: Sie sind hart, die Knochen sind kantig und die Haut ist dick (die Blutgefässe sind nicht sichtbar). Wenn du die Arm-Innenseiten abtastest: Die sind viel weicher, druckempfindlicher und die Haut ist dünn (die Blutgefässe sind oft gut sichtbar).


Daraus können wir schliessen: Die Aussenseiten sind gemacht, um abzuwehren. Die Innenseiten sind ungeeignet zum Kämpfen.



Hart wirken mit den harten Aussenseiten.



Aussenseiten vs. Innenseiten



Gestikulieren wir mit den Aussenseiten nach vorne, wirken wir oft hart, abwehrend oder unsicher. Ist die Gestik mit Wut verbunden, wirkt es aggressiv. Öffnende Gestik, in der die Innenseiten gezeigt werden, wirken hingegen offen, deeskalierend und vertrauenserweckend: "Ich will nicht mit dir kämpfen.".


Erheben wir die Hand zum Gruss, dann zeigen wir die Hand mit der Innenseite nach vorne (Pulsadern sichtbar).


Zweitens verstecken wir mit verschränkten Armen den Brustbereich mit den verletzlichen Organen. Wir wirken offener, wenn wir den ganzen Oberkörper frei zeigen. Schliesslich sind wir eins der wenigen aufrechten Säugetiere, welches genug Selbstvertrauen hat, all die verletzlichen Organe dem Gegenüber vor das Gesicht zu halten. Das signalisiert: "Ich vertraue dir. Ich glaube nicht, dass du mich angreifen wirst."


Verstecken wir die Organe mit den Armen oder wenden sie ab, signalisiert das das Gegenteil. Wir zeigen Angst oder Ablehnung.



Wirken verschränkte Arme unsympathisch?


Unsere Körpersprache ist an Gewohnheiten gekoppelt, die wir als Kinder und Jugendliche von Familie, Freunden, Medien und Schule aufgenommen haben. Für viele Menschen sind verschränkte Arme eine entspannte Position und die meisten Menschen reflektieren nicht, was ihre Körpersprache aussagen könnte.

Wir verschränken die Arme auch, wenn es kalt ist, oder wenn wir unsicher sind (dann sind die Arme mit viel Spannung an den Körper gepresst) oder wenn wir provozieren wollen (Ellbogen leicht erhoben, stechender Blick), wie Prof. David B. Givens (2021) schildert.

Bei Menschen, mit denen wir oft Kontakt haben, kennen wir die 'Baseline' (nonverbales Grundverhalten). Da werden gewohnheitsmässig verschränkte Arme nicht negativ bewertet: "Sie sitzt ja immer so da."


Wenn also eine Person in einer Büro-Sitzung mit verschränkten Armen dasitzt, handelt es sich in den meisten Fällen vermutlich um eine Entspannungsposition. Wir müssten dann weitere Signale miteinbeziehen, damit ein "Cluster" entsteht: Mehrere Körpersprache-Signale, die auf eine Emotion deuten.


Zum Beispiel: Verschränkte Arme, stechender Blick, zusammengepresste Lippen, nach unten gezogene Augenbrauen, flache Atmung und angespannte Beinmuskulatur. Das würde dann auf Wut oder Ablehnung deuten.



Wann wir die Arme nicht verschränken sollten



Ich erinnere mich noch an ein Date, als ich um die 25 Jahre alt war. Die junge Dame hatte fast ständig beide Arme an die Brust gequetscht, so stark, dass sich auch ihr Oberkörper leicht rundete. Sie tat mir leid, weil das Körpersprache-Signal grosse Verunsicherung ausstrahlte. An dem Abend ist auch kein Gefühl der Intimität im Gespräch entstanden, obwohl wir gut 2 Stunden miteinander verbrachten. In mir entstand eher das Gefühl, dass ich sie trösten sollte. Stellt sich die Frage: Wollte sie an diesem Abend keinen offenen Kontakt mit mir herstellen? War sie unsicher? Hatte sie gerade eine schwierige Zeit in ihrem Leben? War es eine unbewusste Gewohnheit?



Verletzliche Organe werden von den Armen verdeckt.


Wenn wir einer Person zum ersten Mal begegnen, etwa bei einem Vorstellungsgespräch, im Networking oder bei einem neuen Arbeitsumfeld, sollten wir darauf achten, die Arme nicht verschränkt zu halten. Sonst besteht die Gefahr, dass das Gegenüber Distanz und Abwehr in uns liest, obwohl wir eigentlich offen und nahbar wirken möchten.


Wir wirken nahbarer und vertrauenswürdiger, wenn wir z.B. im Sitzen die Finger ineinander falten und sie auf den unteren Bauch legen. Es gibt viele Möglichkeiten, wohin wir die Arme platzieren können, wenn wir miteinander sprechen. Wichtig: Die Vorderseite des Oberkörpers sollte unverdeckt sein und die Hände sichtbar. Die Körperposition und die Arme sollten dabei entspannt sein.


Beim Interpretieren spielen das Timing und weitere gleichzeitig auftretende Körpersprache-Signale eine Rolle: Lehnt sich jemand zurück (postural-retreat) und verschränkt gleichzeitig die Arme, bedeutet das meistens Skepsis. Die Person ist nicht mehr offen für weitere Informationen. An diesem Punkt im Gespräch müssen wir mit Fragen herausfinden, wo der Zweifel liegt. Stelle dir vor, die Person macht zusätzlich "hm..." mit der Stimme - dann sind die drei Signale ein klares Cluster für eine Ablehnung des gerade Hervorgebrachten.



Public Speaking: Wann Machen verschränkte arme Sinn?


Im Public Speaking oder in Präsentationen machen verschränkte Arme nur Sinn, wenn es etwas mit Storytelling zu tun hat (als kurzer Moment). Will ich zum Beispiel zeigen, dass mich etwas skeptisch gemacht hat, kann ich in dem Moment die Arme verschränken. Ich könnte so auch einen Moment der eigenen Unsicherheit in einer Story darstellen.


Im freien Sprechen würde ich die Arme nicht verschränken, weil sie Bewegung und Gestik behindern. Die Arme sollten so frei bewegen, wie wir Worte sprechen.



Und als letzter Tipp



In meiner Meinung sind verschränkte Arme bei Werbefotos oft nicht die beste Wahl. Ausser du bist Boxer:in. Manchmal sehe ich Werbung von Banken, auf denen Angestellte abgebildet sind, welche mein Privatvermögen verwalten möchten. Dann stehen die so da, "harte" Leute mit verschränkten Armen. Werden die meine Sorgen und Anliegen verstehen?


Was denkst du über verschränkte Arme? Hinterlasse einen Kommentar 😄


Quellen

  • Givens, David et al. The Routledge Dictionary of Nonverbal Communication. New York: Routledge, 2021.

  • Bernhardt, Christian. Nonverbal Communication in Recruiting. Wiesbaden: Springer, 2022

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