Wir sind alle bewegt vom Tod von George Floyd. Während Präsident Trump so reagiert hat, wie es von ihm zu erwarten war, hat z.B. der kanadische Präsident Trudeau eine spezielle Geste an einer Anti-Rassismus Demo gewählt: den Kniefall. Aktuell geht sogar das Hashtag #kneelforfloyd herum und wir sehen zahlreiche Bilder von knienden Menschen. Aber wo kommt diese Geste her?
Colin Kaepernick, ehemaliger Quarterback der San Francisco 49ers, kniete 2016 im Super Bowl während der amerikanischen Nationalhymne – auch damals, um auf die Ungerechtigkeit gegenüber der afro-amerikanischen Bevölkerung in den USA hinzuweisen. Den wohl bekanntesten, medienwirksamsten Kniefall im letzten Jahrhundert finden wir am 7. Dezember 1970. Der damalige deutsche Bundeskanzler Willy Brandt kniet vor dem Denkmal für die Helden des jüdischen Ghettos in Warschau. Das Bild ging um die Welt.
Beim Kniefall fällt einem die Kirche ein: Christen knien vor Gott, um Demut zu erweisen (eine Geste, die wir in fast jeder Religion finden). Im Deutschen gibt es sogar das Adjektiv "kniefällig" für demütig, flehentlich. Die Geste ist aber viel älter. Sie geht wahrscheinlich zurück bis in die Zeit der Jäger und Sammler. Auch dort war es sicher eine Geste der Ehrerbietung und der Demut gegenüber den Stammesoberhäuptern oder Göttern. Wieso wirkt diese Geste aber demütig?
Wann immer wir eine Position einnehmen, in der unsere Kopfhöhe tiefer ist als diejenige des Gegenübers, wird dies als Unterwürfigkeit gewertet. Daher kommen Körpersprach-Signale wie die Verbeugung oder das Senken des Kinns bei einer Begrüssung. Das Signal ist aber nicht vollständig ohne den nach unten gerichteten Blick. Grundsätzlich: Wann immer wir uns kleiner machen und uns mit dem Blick nach unten wenden, wirken wir unterwürfig, demütig oder ehrerbietend.
Dass wir das Gewicht auf die Knie platzieren, verstärkt die Botschaft: Wir wissen, dass es unbequem ist, das Gewicht auf ein oder beide Knie zu platzieren. Also zeigen wir uns nicht nur unterwürfig, sondern wir nehmen zusätzlich den Diskomfort in Kauf und verstärken so die Botschaft (Wir strafen uns). Ausserdem sind wir immobil: Wir machen uns verletzlich. Auf einem oder auf zwei Knien sind wir nicht fähig, schnell zu reagieren oder zu fliehen. Wir verstärken damit die Botschaft noch weiter: Ich gehe ein Risiko ein, um dir meine Demut zu zeigen.
Interessant: Die Körperspannung ist so verteilt, dass als erstes die Knie nachgeben, wenn wir ohnmächtig werden und hinfallen (seht euch mal den Knock-Out eines Boxers an). Die Knie tragen im Stand am meisten Körperspannung auf einen Punkt konzentriert. Deshalb ist es ein grosses uns stark gebautes Gelenk. Gleichzeitig ist die Kniekehle ein sehr verletzlicher Punkt. Von dort kommen auch Ausdrücke wie "weiche Knie haben" etc.
Um auf Justin Trudeau zurückzukommen: Ein Kniefall ist eine starke Geste. In diesem Fall stellt sich nur die Frage, ob es schon zu viel des Guten ist. Bei Trudeau wissen wir, dass er gerne auffällt und sich inszeniert. Damit verliert sein Kniefall etwas an Glaubwürdigkeit. Auch fehlt in dieser Situation das Gegenüber. Irgendwo in der Menge kniet der Präsident sich hin. Die Botschaft ist darum viel weniger stark als bei einem Willy Brandt, der vor dem Denkmal kniet. Immerhin zeigt Trudeau aber, dass er sich nicht zu schade ist für einen Kniefall. Präsident Trump werden wir wohl nie kniend auf einem Foto sehen. Auch die amerikanischen Demkraten knien.
Fragt sich nur: Folgen diesen Gesten auch Taten oder bleibt alles beim Alten? Was haltet ihr vom Kniefall dieser Politiker? Leere Geste oder starkes Symbol? Hinterlasst gerne einen Kommentar. Wenn ihr den Artikel mögt, klickt gerne auf like und teilt ihn auf FB oder anderswo. Vielen Dank!
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